Geschichtliches von meinem Geburtsort ROTH

Reiche Geschichte, karges Wappen: Lediglich ein rotes R schmückt den silbern-schwarzen Hohenzollernschild

Unter dem Rother Asyl fanden viele Schutz

Ursprung des Namens ist ungeklärt - Kaiserliches Privileg bot Verfolgten Zuflucht
Asylant brachte Vorläufer der Industrie mit

Der Rother Marktplatz um 1934      Kleine Rother Heimatkunde

ROTH - Es gibt Wappen, die gleichen einem Bilderbuch, und wieder andere, die können in ihrer Schlichtheit mit einem Einkaufswagenchip konkurrieren. Das Emblem der Stadt Roth zählt, trotz einer reichen Geschichte, unter seinesgleichen nicht gerade zu den schillernden. Aber so ist das halt mit hoheitlichen Zeichen, deren Ursprung ins Mittelalter zurückreicht, als Herrschaftssymbole und andere "Eckdaten"wichtiger waren als gefällige Gestaltung. In seiner heutigen Gestalt hat das Rother Wappen immerhin seit 1427 Bestand.

Ein R also, R wie Roth. Rot steht derBuchstabe im Geviert von Silber und Schwarz. Ob freilich die Farbe auch den Namen erklärt, ist keineswegs sicher, denn an unterschiedlichen Deutungen fehlt es nicht.

Einerseits existierte hier schon früh eine wichtige Gereichtsstätte, und die "Gerichtsfarbe" - die der Gerichtssäule oder der Sitze - war von altersher rot. Andererseits lag Roth an bedeutenden Handelswegen, und eine Rot- oder Rottstraße für die dereinst so kostbaren Salzstransporte (der Begriff ist mit "Route" verwandt) käme als Namensgeber durchaus in Frage. Plausibel ist aber auch die Herkunft von Rodung. Die fränkische Landnahme in den Urwäldern findet sich schließlich in vielen Ortnamen wieder, so auch in Röttenbach/Röthenbach oder Endungen wie -reuth und -rod.

Roth und sein Umland waren lange Bestandteil des baierischen Nordgaus, der schließlich zusammen mit dem gesamten, immer wieder mal aufmüpfigen Herzogtum vom fränkischen Königreich unter Kontrolle gebracht wurde.

1007 dann stattete König Heinrich II. das von ihm neugegründete Bistum Bamberg mit umfangreichen, teils weit entlegenen Besutzungen aus, darunter eben auch Roth. Die Fürstbischöfe wiederum setzten Vögte als Verwalter und Gerichtsherren ein. Erst waren dies die Grafen von Abenberg, vom Beginn des 13. Jahrhunderts an die Burggrafen von Nürnberg.

Und damit sind wir wieder bei den Hohenzollern, in denen sich so viele fränkische Geschichtsstränge bündeln. Das zielstrebige Geschlecht erwarb sich bekanntlich nach der  Burggrafschaft auch die Markgrafschaften Bayreuth/Kulmbach und Ansbach und gelangte 1415 auf den Thron des Kurfürstentums Brandenburg. Roth erlebte und erlitt unter den Markgrafen von Ansbach alle Höhen und Tiefen der wechselvollen Zeitläufe mit, bis 1806, als der gesamte fränkische Fleckerlteppich im neuen Königreich Bayern aufging. Und der Hintergrund des "R" ist bis heute der Zollernschild,das silbern-schwarze Geviert.

Einer der Ansbacher Fürsten war der Erbauer jenes Schlosses Ratibor, das heute kulturelles Zentrum und Prunkbau der Stadt ist. Georg der Fromme, der von 1528 bis 1543 regierte, war durch Heirat und Erbschaften zu ausgedehtem Besitz im Osten gekommen. Seine schlesischen Herzogtümer Oppeln, Ratibor und Jägerndorf brachten ihm soviel Ertrag ein, dass er sich für sein neues Jagdschlößchen eine großzügige Gestaltung leisten konnte. Dankbar gab er ihm den Namen einer seiner Besitzungen.

Es gibt eine geschichtliche Besonderheit, die Roth von anderen Orten hervorhebt. Zu den kaiserlichen Privilegien, die der Stadt an der Rednitz im Laufe der Zeit verliehen wurden, zählte das "Rother Asyl". Schon Ende des 14. Jahrhunderts beurkundet, behielt es Gültigkeit bis 1799.

Als Asyl oder "Freiung" galten Zufluchtstatten - Kirchen, Plätze oder besondere Orte - die Schutz vor Verfolgung boten. Dies war freilich kein Freibrief für "Malefizverbrecher" wie Straßenräuber, Brandstifter, Mörder oder Vergewaltiger, die auch von einer Freistatt aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgeliefert wurden. Wohl aber konnten sich Leute, die unverhofft in Schulden geraten waren, und sogar Affekttäter in den Schutz eines Asylortes begeben.

Auf solche Weise kam auch einer der Begründer des späteren industriellen Aufstiegs nach Roth. Georg Fournier, Sohn eines aus Frankreich geflüchteten Hugenotten, hatte sich 1571 aus dem Nürnberger Schuldturm gerettet, in dem man ihn wegen Zahlungsunfähigkeit gesteckt hatte. Er blieb in Roth und brachte die "leonische Kunst" mit, die Drahtwirkerei, die später neben vielen anderen, vorwiegend metallverarbeitenden Sparten, zur Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs wurde.

Von Dittmar Stühler, aus Nürnberger Nachrichten 9./10. Januar 1999